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"Soviel gibt's

was beglücken kann

und Freude lässt entstehen.

Es kommt auf Herz

und Augen an,

dass sie,

was Glück ist,

sehen."



(Johannes Trojan)
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Mittwoch, 12. Februar 2014

Achtsamkeit und Fotografieren

Immer wieder werde ich gefragt, warum ich nur noch so selten Fotografiere, wo ich doch immer so viel Freude daran hatte und die Freude dann mit meinen Bildern an andere weiterschenkte. Momentan denke ich viel darüber nach, ob nun Fotografieren der Achtsamkeit eher zuträglich ist oder ob gar das Gegenteil der Fall ist.

Die Welt durch den Sucher betrachtet. Immer auf der "Jagd" nach dem Holy Shit Shot, immer auf der Suche nach dem perfekten Motiv. Es gab eine Zeit, da ging ich kaum ohne meine Kamera vor die Türe, wollte stets bereit sein, kein Foto verpassen, keine Gelegenheit versäumen. Aufmerksam schritt ich Berge und Wiesen ab, unruhig manchmal wie auf der Jagd. Stets im Blick, ob sich das Blümlein am Wegesrand oder der Baum auf der Weide, als Motiv eignen. Prüfende Blicke, umrunden des Objekts, knien, setzen, legen, Perspektivenwechsel, Objektivwechsel, abwägen, in Szene setzen, Schatten suchen, Sonne herbeiwünschen - ach und noch soviel mehr!

Ich dachte dabei immer, dass ich durchs Fotografieren achtsamer geworden wäre. Doch ist das wirklich so der Fall? Ist es nicht eher ganz anders? 

Der Blick durch den Sucher ist ein eingeschränkter Blick. Kein Blick, der im Moment weilt und schlicht das tut, was tun sollte: genießen. Getrieben von der Gier auf Fotos übersieht man schnell das naheliegendste. Den Moment. Ist es nicht der, der zählt? Natürlich, wenn ich dann das Objekt der Begierde (in meinem Fall ziemlich oft Pflanzen) stundenlang in Szene setze, dann weile ich auch im Moment. Doch sobald ich wieder vom Erdboden hochkrabbel, bin ich schon wieder auf der Suche nach dem nächsten Moment. Wieviel Himmel, wieviele Wolkenbotschaften sind mir dadurch schon entgangen? Wieviel Bäume habe ich vor lauter Wald nicht gesehen und wieviele Gespräche mit dem Liebsten nicht geführt? Stattdessen war mein Blick unruhig, unstet und immer auf das nächste mögliche Objekt gerichtet.

Versäumen wir dann nicht doch das Wichtigste?

Anders verhält sich vielleicht drinnen, in den eigenen vier Wänden, wenn ein Objekt vorhanden ist, das man als Motiv gewählt hat und man alle Zeit der Welt dafür hat. Außer es handelt sich hierbei ums Mittagessen, das dann (mal wieder!) schon kalt ist, bis das wirklich perfekte Insta-Pic "im Kasten" ist... ;-)

Ist das gelebte Achtsamkeit? Nein. Vielleicht ist das aber auch ein Grund, warum ich so lange nicht mehr wirklich Fotografiert habe. Mein Bedürfnis nach leichtem Gepäck (so oder so!) überwog lange Zeit. 

Problem erkannt, Problem gebannt? Ich bin gespannt!

Was denkt Ihr darüber, erkennt Ihr Euch selbst wieder?

Evelyn  
 

11 Kommentare:

  1. also ich kann nur dazu nicken.. es ist fast wie so eine sucht bald immer die Kamera zu zücken udn die augen suchen lassen , nichts zu versäumen und wenn ich die Kamera daheim lasse ist es schon so der Satz oman das wäre so schön es fest zuhalten mit der Kamera.. ich habe jetzt auch shcon angefangen gezielt sie daheim zu lassen und jeden Raum den ich jetzt einnehme zu geniessen ohne zu müssen oder sonst was zu tun, die Seele baumeln lassen und genissen tief einatmen wenn ich draussen bin... ich übe noch und ein tolles Posting von dir!

    Ich selber soll meine Seele befreien jeden Tag und nicht wieder in Zwänge einpacken!!!!
    Lieben Gruss Elke

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    1. Liebe Elke,

      wie Recht Du hast - wenn wir uns nicht selbst von Zwängen lossagen, wer sollte es sonst tun?!
      Wir sind selbst für unser Wohlergehen verantwortlich und haben mehr in der Hand, als uns manchmal bewusst ist.

      Liebe Grüße
      Evelyn

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  2. Du hast recht, ich erkenne mich selbst auch in Deinem Text. Ich habe schon seit meiner Jugend fotografiert und war von der digitalen Fotografie, die alles plötzlich so einfach machte, dann so begeistert, dass ich auch immer die Kamera dabei hatte. Nun merke ich aber, dass ich ja schon so viele Bilder habe und wirklich nicht mehr so viel brauche. So kommt es jetzt öfters vor, dass ich die Kamera unbenutzt lasse oder sie gar nicht mehr mitnehme.
    Grüße von Marie

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    1. Liebe Marie,

      das ist tatsächlich ein weiterer Punkt - dank der digitalen Fotografie legen wir tausende von Bildern auf unseren Festplatten ab und sehen uns die meisten nie mehr wieder an. Welch eine Verschwendung von Kreativität, Zeit und Speicherkapazität! Wenn ich daran denke, wie oft ich schon von einem einzigen Blümlein 150 Fotos gemacht habe, nur um nachher in ein paar davon "richtig" verliebt zu sein, das ist schon maßlos irgendwie.

      Herzliche Grüße
      Evelyn

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  3. Du hast es sehr gut auf den Punkt gebracht. Ich habe das Problem für mich so gelöst - entweder ich gehe mit offenen Augen durch die Welt und erfreue mich daran oder ich gehe "Fotografieren" Beides gleichzeitig geht irgendwie nicht. Ich bin dann nur aufs fotografieren reduziert, da kann ich gar nicht richtig genießen.

    lg
    Maria

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    1. Liebe Maria,

      ich freue mich mit Dir, dass auch Du Deinen Weg gefunden hast, mit diesem Thema umzugehen,
      Es ist wichtig, dass wir reflektiert sind und das auch stets bleiben. Nur so können wir regelmäßig unseren Kurs überprüfen und ggf. korrigieren.

      Liebe Grüße
      Evelyn

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  4. Hallo Evelyn, ich hab eben schon bei Elke geschrieben, dass mich die intensive Suche nach tollen Motiven, von anderen oft schöneren Erlebnissen ablenkt. Ich mach das nun auch so wie Maria, beides zusammen empfinde ich auch als teilweise zu anstrengend.
    Herzlichst MinaLina

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    1. Liebe MinaLina,

      ich freue mich, dass Du den Weg zu meinem Blog gefunden hast und ich Dich auch ein wenig inspirieren konnte.

      Ja, wie Du schon schreibst "...beides zusammen ist zu anstrengend...". Auch das ist ein so weit verbreitetes Thema, dass wir immer meinen mehrere Dinge gleichzeitig machen zu können, bzw. machen zu müssen.

      Herzliche Grüße
      Evelyn

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  5. Liebe Evelyn
    Diese Zeilen sind sehr, sehr anregend.
    Ich habe kürzlich eine langen Artikel darüber gelesen und offensichtlich ist das ein Thema (ich möchte es nicht Problem nennen), dass viele Netz-User beschäftigt.
    Es lohnt sich, darüber nachzudenken und sich bewusst für seine eigene Haltung zu entscheiden. Sonst wird man zur Gefangenen und Fremdbestimmten, denn dann entscheiden Instagramm und Co. für dich und lassen dich Situationen festhalten, die du eigentlich nicht zur Schau stellen möchtest- das gilt für alle Motive.
    Danke für diese Anregung zum NAchdenken.
    LG
    Susanne

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    1. Liebe Susanne,

      den Artikel meine ich auch zu kennen, da ging es tatsächlich um Instagram- und Facebook-Momente und dass der Moment selbst gar nichts mehr zählt. Interessanterweise sehe ich dort für mich gar nicht mal so sehr die Falle, denn das sind aus meiner Sicht immer nur Schnappschüsse und nichts worauf ich mich stundenlang einlasse. Mir ging es tatsächlich um die "richtige" Fotografie, das ist für mich eher ein kritischer Punkt. Aber ganz grundsätzlich haben wahrscheinlich ganz viele Menschen mit Insta & Co. tatsächlich ein Am-Leben-vorbeileben-Problem.

      Herzliche Grüße
      Evelyn

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  6. Ihr Lieben,

    herzlichen Dank für Eure rege Beteiligung zu diesem Thema!

    Ganz liebe Grüße
    Evelyn

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